Ausstellung zeigt Kasseler Nachkriegskirchen
Die Kasseler Stadtdekanin Barbara Heinrich bezeichnete die in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts entstandenen Bauwerke als "gemauerte Erinnerung an das Verlorene". Nach Angaben des Architekten Helmut Slenczka hat es vor Kriegsbeginn in Kassel 27 evangelische, fünf katholische sowie diverse Freikirchen gegeben. 1945 seien lediglich noch zehn evangelische und eine katholische Kirche in Betrieb gewesen.Angesichts des knappen Raumes sei damals ein "Kirchentausch" zwecks Feiern von Gottesdiensten zwischen Evangelischen und Katholiken durchaus üblich gewesen, wies er auf frühe ökumenische Praktiken hin. Schon bald seien dann mehrere "Not- und Behelfskirchen" entstanden. Gottesdienste hätten zudem in Holzbaracken, Gemeinde- oder Pfarrhäusern stattgefunden.
Die 1949 in Kassel entstandene Zionskirche geht nach Slenczkas Worten auf ein Programm des Weltkirchenrates und des Hilfswerks der evangelischen Kirchen zurück, mit dem bundesweit 48 Stück dieser nach dem Architekten Otto Bartnig benannten "bartnigschen Notkirchen errichtet wurden. Die Kirche erinnert in ihrer Form an eine Feldscheune. Für ihren Bau wurden auch Trümmerziegelsteine verwendet.
Im Jahre 1949 habe alles, was weiß und verputzt war, als schön gegolten, wies Slenczka auf die heute nicht immer als besonders gelungen betrachteten Bauten hin. Allerdings habe es neben Neubauten auch Versuche gegeben, zerstörte Kirchen zu rekonstruieren, wie etwa die Martinskirche oder die Karlskirche.
Die Ausstellung ist Teil des Projektes "Nachkriegskirchen neu entdecken - Blick zurück nach vorn", mit dem sich die Evangelische Kirche in Kassel dem Lebensgefühl der Menschen in den fünfziger Jahren widmen will. Das Projekt war ursprünglich als Beitrag zur Bewerbung Kassels zur Kulturhauptstadt Europas 2010 gedacht, die jedoch scheiterte.
Man befinde sich aber weiter "auf dem Weg", um sich als Kulturstadt in Europa zu positionieren, erklärte der Kasseler Bürgermeister Thomas-Erik Junge (CDU). Die Projektreihe mit verschiedenen Veranstaltungen läuft noch bis zum 6. Juli.
Die Ausstellung "Auf einen Blick - Kirchenbau in Kassel seit 1945" im Kasseler Stadtmuseum, Ständeplatz 16, ist von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet (bis 5. Juni).