Bischof Hein besuchte den Stadtkirchenkreis Kassel

Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat sich während einer viertägigen Visitation vom 10. bis 13. Juli über aktuelle kirchliche, gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungen in Kassel informiert.

Bischof Hein: «Ich erlebe hier viel Optimismus und Aufbruch»

Hein zeigte sich bei seinem Besuch besonders beeindruckt von der Lebendigkeit der evangelischen Kirchengemeinden. Der Kirchenkreis verstehe sich inzwischen als ein Stadtkirchenkreis Kassel, in dem frühere Spannungen zwischen benachteiligten und bessergestellten Stadtteilen keine Rolle mehr spielten. «Ich erlebe hier viel Optimismus und Aufbruch», so der Bischof gegenüber der landeskirchlichen Medienagentur «medio!».

Für den Stadtkirchenkreis sei aktuell die verstärkte Zusammenarbeit der Gemeinden ein wichtiges Thema, so Dekanin Barbara Heinrich, die mit Dekan Jürgen Renner und Pröpstin Katrin Wienold-Hocke den Bischof bei der Visitation begleitete. «Keine Gemeinde kann mehr alles machen», sagte Heinrich. Die Gemeinden müssten sich stärker unterstützen und Schwerpunkte bilden. Dadurch erhofft sich die Dekanin eine Bereicherung des gottesdienstlichen Lebens und mehr Vielfalt in den kirchlichen Angeboten.

Kirchenasyl: Humanitäre Maßnahme als Ausdruck der Barmherzigkeit

Besonderes Augenmerk legte Bischof Hein auf das Thema «Kirchenasyl». Dazu traf er mit Asylsuchenden, Fachleuten und Kirchenvorstehern zusammen, die bereits Kirchenasyl gewährt haben. In dem Gespräch wies Hein darauf hin, dass die Fälle in der Landeskirche zunehmen. Bis vor kurzem habe es in Kurhessen-Waldeck sechs solcher Fälle gegeben, zwei davon hätten inzwischen gelöst werden können. 

Hein sagte, dass ein Kirchenasyl zwar kein Rechtstitel sei, aber geschichtliche Wurzeln habe. Auch eine Kirche als Gebäude sei kein rechtsfreier Raum. Dennoch sei dieses Asyl eine humanitäre Maßnahme als Ausdruck der Barmherzigkeit. «Ich unterstütze diese Form des Asyls, um die rechtliche Würdigung jedes Einzelfalles zu erreichen», sagte der Bischof. 

Solange die Fälle noch nicht an die Öffentlichkeit gelangt seien, könne mit den Behörden unverkrampft verhandelt werden, so der Bischof. Oft sei der Ausgang solcher Verhandlungen erfolgreich. Wegen der zunehmenden Flüchtlingszahlen, werde die Beratung in den regionalen Diakonischen Werken ausgebaut, kündigte Hein an. Daneben werde auf der Ebene der Evangelischen Kirche in Deutschland versucht, auch politisch Einfluss zu nehmen.  

documenta 2017: Noch kein Konzept für kirchliche Begleitausstellung

Im Hinblick auf die kommende Weltkunstausstellung documenta 2017 in Kassel gebe es derzeit noch kein Konzept für eine kirchliche Begleitausstellung, berichtete Hein weiter. Eventuell sei ein Programm mit der neuen Orgel denkbar, die demnächst in der Kasseler Martinskirche eingebaut werde. Aber auch «Links» zum ebenfalls in diesem Jahr stattfindenden Reformationsjubiläum seien eine Option. Hier wolle man zunächst in Gespräche mit der documenta-Leitung treten.

Vorträge, Werksbesichtigung, Uni-Rundgang und Tauffest

Während seiner Besuchsreise gab es für den Bischof viel Raum für Gespräche auf Gemeinde- und Kirchenkreisebene sowie mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Bildung. So referierte Hein in der Versöhnungskirche Bossental zum Thema «Geistlich leiten» und diskutierte anschließend mit interessierten Besuchern. Außerdem tauschte sich der Bischof mit dem Stadtkirchenkreisvorstand zum Thema «Kirche in der Stadt» aus.

Ein  Betriebsrundgang in der Produktion des Bahntechnik-Herstellers «Bombardier» in der Kasseler Nordstadt stand ebenfalls auf dem Programm. Begleitet wurde der Bischof dabei von Werksleiter Steffen Riepe, Personalleiterin Anika Kretschmar und dem Betriebsratsvorsitzenden Dennis Schäffer. Zu den Gesprächsthemen gehörte auch der Fachkräftemangel, teilte Pfarrer Dr. Jochen Gerlach, Leiter des Referats Wirtschaft-Arbeit-Soziales im Landeskirchenamt, mit. Dazu berichtete die Leitung des Unternehmens, wie «Bombardier» durch gute Kontakte zu Schulen und zur Universität Kassel frühzeitig Kontakt zu Nachwuchskräften aufbaut. Nach dem Werksbesuch traf Hein zu einem Gespräch mit dem Kasseler Oberbürgermeister Bertram Hilgen und der Stadträtin Anne Janz zusammen.

Der Bischof war außerdem in den Kitas «Prisma» in Oberzwehren und Kirchditmold zu Gast. Gemeinsam mit dem Präsidenten der Universität Kassel, Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep, besichtigte er das Neubaugelände der Universität.

Weitere Station der Visitation waren das neue Stadtteilzentrums «Vorderer Westen» und der Gottesdienst zum Tauffest des Stadtkirchenkreises auf dem Kasseler Lutherplatz, bei dem 23 Personen getauft wurden. Den Abschluss der Bischofsvisitation bildete ein Gottesdienst in der Seniorenwohnanlage Fasanenhof und ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Einrichtung, Wolfgang Schwarz.

Stichworte: Stadtkirchenkreis Kassel und Kirchenkreisvisitation
Der Evangelische Stadtkirchenkreis Kassel hat rund 82.000 Gemeindeglieder und gehört mit fünf weiteren Kirchenkreisen zum Sprengel Kassel, einem von insgesamt vier Sprengeln in der Landeskirche. Der Kirchenkreis wird geleitet von Dekanin Barbara Heinrich und Dekan Jürgen Renner.

Laut Grundordnung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (§ 114 (2)) besucht der Bischof «die Geistlichen und die Gemeinden, berät und ermahnt sie». Bischof Hein besucht in der Regel zweimal jährlich einen Kirchenkreis in einer jeweils mehrtägigen Visitation. Im Rahmen der Visitation werden Gespräche mit Pfarrern, Kirchengemeinden, Lokalpolitikern, ortsansässigen Unternehmen und Einrichtungen geführt. (medio/epd, 14.07.2014)