Erklärung der Synode zur aktuellen Flüchtlingssituation

Erklärung der Synode des Evangelischen Stadtkirchenkreises Kassel am 15.10.2014 zur aktuellen Flüchtlingssituation

Weltweit sind über 50 Millionen Menschen auf der Flucht, die meisten innerhalb ihrer Heimatländer. Über 16 Millionen von ihnen gelten nach völkerrechtlicher Definition als Flüchtlinge. Fast 90% von ihnen leben in Entwicklungsländern, weil die meisten Flüchtlinge lediglich in ein angrenzendes Nachbarland fliehen. Kriege, Krisen und Verfolgung lassen viele Menschen ihre Heimat verlassen. Manche fliehen vor neuen und aktuellen Krisen und Konflikten, viele sind bereits jahrelang unterwegs auf der Suche nach einem Ort, an dem sie sicher leben und Zukunftsperspektiven entwickeln können.

Seit einigen Jahren erreichen wieder mehr Flüchtlinge auch unsere Stadt. In diesem Jahr werden fast 500 neue Flüchtlinge in Kassel erwartet.  Es ist zu erwarten, dass auch in den kommenden Jahren die Flüchtlingszahlen auf diesem Niveau bleiben oder weiter ansteigen.

In dieser Situation erklärt die Synode des Evangelischen Stadtkirchenkreises Kassel:

• Wir setzen uns ein für ein gesellschaftliches Klima, in dem Flüchtlinge von Anfang an als willkommene Gäste und Neubürger in unserer Stadt begrüßt werden. Wir danken engagierten Einzelpersonen, gesellschaftlichen Gruppen und Kirchengemeinden, die mit vielfältigen Angeboten konkrete Hilfe leisten und persönliche Begegnung ermöglichen. Wir bitten die gesamte Stadtgesellschaft, sich auch weiterhin für solche Maßnahmen einzusetzen und bei der Weiterentwicklung einer Willkommenskultur für alle Migrantinnen und Migranten mitzuwirken. Insbesondere bitten wir die Kirchengemeinden, sich des Themas anzunehmen und zu prüfen, inwieweit ein eigenes Engagement möglich ist.

• Wir bitten die Stadt Kassel nicht nachzulassen als erste Anlaufstelle für die Flüchtlinge  Gemeinschaftsunterkünfte vorzuhalten, die angemessenen Mindeststandards genügen. Die dortige Unterbringung sollte jedoch zeitlich auf ein Minimum beschränkt sein. Die Möglichkeit, in einer Privatwohnung leben zu können, ist dem Leben in Gemeinschaftsunterkünften vorzuziehen.  Wir bitten Wohnungsgesellschaften und Eigentümer Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, damit sie möglichst schnell in eine eigene Wohnung ziehen können.

• Wir bitten die Kirchengemeinden unseres Kirchenkreises, Anfragen nach Gewährung von Kirchenasyl wohlwollend zu prüfen. Wir danken der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) und der Diakonie Hessen für die beratende Unterstützung dieser Kirchengemeinden. Wir bitten die EKKW weitergehende rechtliche und finanzielle Unterstützung der betreffenden Kirchengemeinden zu prüfen.

• Wir danken der EKKW für die zusätzliche Bereitstellung von Mitteln für die befristete Erweiterung der Flüchtlingsberatung der regionalen Diakonischen Werke. Die Flüchtlingsberatung des Diakonischen Werkes Kassel unterstützt der Stadtkirchenkreis Kassel vor diesem Hintergrund gemeinsam mit den Kirchenkreisen Hofgeismar, Kaufungen und Wolfhagen durch zusätzliche finanzielle Mittel, damit ab Oktober 2014 zusätzliche personelle Kapazitäten für die Flüchtlingsberatung in Stadt und Landkreis Kassel zur Verfügung stehen. Wir bitten Kirchengemeinden und Einzelpersonen darüber hinaus, Kollekten und Spenden für den Sozialfonds der Flüchtlingsberatung des Diakonischen Werkes Kassel zur Verfügung zu stellen.

• Wir schließen uns der Erklärung der Konferenz Diakonie und Entwicklung vom Oktober 2013   an und unterstützen insbesondere deren Forderungen zur Entwicklung einer humanen Einwanderungspolitik und der Neuausrichtung der europäischen und nationalstaatlichen Flüchtlingspolitik. Die aktuellen Erfahrungen erfordern eine Änderung der Dublin-Verordnung, damit ein gerechtes und solidarisches System der Aufteilung der Verantwortlichkeit für Flüchtlinge in der Europäischen Union etabliert wird, das auch den Wunsch von Flüchtlingen nach einem bestimmten Aufnahmeland berücksichtigt.