Meinungen zum Verbleib des Obelisken

Über den Ankauf des vom documenta-Künstler Olu Oguibe entworfenen Obelisken auf dem Königsplatz gibt es in der Evangelischen Kirche in Kassel kein einheitliches Votum.

Engagierte und kontroverse Diskussion
Innerhalb der Kirche werde die Frage engagiert und kontrovers diskutiert, sagte Stadtdekanin Barbara Heinrich. Eine einheitliche Meinung der Kirche zur Frage, ob der Obelisk bleiben solle, gebe es nicht. Durch das biblische Wort, das auf dem Obelisken allerdings nicht als Bibelzitat gekennzeichnet sei, hätten sich die evangelischen Gemeinden und Initiativen, die sich für eine Integration von geflüchteten Menschen engagieren, wahrgenommen und unterstützt gefühlt.

Heinrich: "Andere Standorte denkbar"
Heinrich findet es gut, dass neben dem Pro und Kontra auch die Frage des Standortes diskutiert wird. Der jetzige Standort auf dem Königsplatz sei am Raumkonzept der documenta orientiert, nicht aber an der Frage, wie sich der Platz weiterentwickeln könne. Es gebe durchaus auch andere Orte wie etwa der Karlsplatz in der Nähe der Karlskirche, wo der Obelisk aufgestellt werden könnte. Die Karlskirche war als Kirche der hugenottischen Flüchtlinge vor 300 Jahren als Zeichen der Ankunft in Kassel gebaut worden. Auch der Kulturbahnhof als ein Ort, an dem Menschen ankommen sei zu bedenken.

Bechtel: "Denkmal vorbildlicher Gastfreundschaft"
Klar für einen Verbleib spricht sich der Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Region Kassel, Gerd Bechtel aus. Das Kunstwerk sei für ihn ein Denkmal vorbildlicher Gastfreundschaft, so wie sie Kassel den vielen neu angekommenen Flüchtlingen in den vergangenen Jahren gezeigt habe, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Obelisk könne auch als Mahnung dienen, dass man sich durch Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Rechtspopulismus von einer Willkommenskultur und einer Kultur der mitmenschlichen Verantwortung nicht abbringen lassen wolle.

Zur documenta 14 hat der in Nigeria geborene Künstler Olu Oguibe auf dem Königsplatz im Kasseler Stadtzentrum einen rund 16 Meter hohen Obelisken installiert. Dieser trägt auf einer Seite als Aufschrift das Bibelzitat "Ich war ein Fremdling und ihr habt mich beherbergt". Die anderen drei Seiten des Obelisken zitieren den Spruch auf Arabisch, Türkisch und Englisch. Der Künstler, der auf eigene Fluchterfahrungen zurückblickt, sagte bei der Errichtung, er wolle damit besonders diejenigen frommen Evangelikalen in den USA provozieren, die sich vehement gegen die Aufnahme von Flüchtlingen wehrten. Die Stadt will das Kunstwerk ankaufen. In sozialen Netzwerken werden Proteste dagegen laut.

Die Stadt Kassel und der documenta-Künstler Olu Oguibe haben vor kurzem gemeinsam zu einer Spendenaktion für den Erwerb des Obelisken aufgerufen. Als "Zielmarke" ist ein Betrag von 600.000 Euro vorgesehen. Falls die Summe nicht erreicht werden sollte, kann der Künstler, der für sein Kunstwerk mit dem Arnold-Bode-Preis 2017 ausgezeichnet wurde, frei entscheiden, ob der Obelisk dennoch bleiben soll oder abgebaut wird.  (epd/15.02.2018)