Wächterdienst erhält Aktiv-Preis der Bundeszentrale für politische Bildung

Der Wächterdienst in Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde Kassel ist in der vergangenen Woche von der Bundeszentrale für politische Bildung mit dem Aktiv-Preis 2024 ausgezeichnet worden. Damit ist die Engagement-Initiative Wächterdienst eines von deutschlandweit 57 preisgekürten Projekten und gehört nun zum Netzwerk „Aktiv für Demokratie und Toleranz“.

Die mit 6000 Euro dotierte Auszeichnung möchte nachahmenswerten Erfolgsprojekten Sichtbarkeit verschaffen und zeigen, wie das Grundgesetz im Alltag auf kreative Weise mit Leben gefüllt, Demokratie gestaltet und Toleranz in der Gesellschaft gefördert werden kann.
Der Wächterdienst hatte bereits im November den 1. Platz beim Elisabeth-Preis der Caritas im Bistum Fulda erhalten und sich gefreut, das Preisgeld zur Mitfinanzierung eines Danke-Events für die zahlreichen Engagierten zu nutzen. Auch der Hessische Integrationspreis 2024, der dieses Jahr unter dem Thema stand: „Aufstehen gegen Rassismus und Antisemitismus – Zivilcourage im Alltag“, würdigte den Wächterdienst mit dem 3. Platz. Für alle Engagierten für den Wächterdienst ist es nun eine besondere Ehre, mit dem Aktiv-Preis eine Auszeichnung von sogar bundesweiter Relevanz zu erlangen.

Jüdische Gemeinde richtet ein feierliches Danke-Fest aus

Anfang Dezember hatte die Jüdische Gemeinde Kassel zu einem geselligen Danke-Fest mit Musik und Essen eingeladen, um sich bei den Engagierten zu bedanken. Ein neues Kapitel der Gemeinsamkeit wurde somit eröffnet: Feiern und Zusammensitzen mit den Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde in der Synagoge, anstatt Zusammenstehen gegen Antisemitismus vor dem Gebäude.
Ilana Katz, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, betonte ihre Wertschätzung für den unerschütterlichen Einsatz seit fast 14 Monaten und überraschte alle 130 Gäste aus den 37 verschiedenen Wächterdienst-Gruppen mit Geschenken: ein Gebet um Schutz in hebräischer Sprache, das in Form eines kunstvollen Ornaments in Israel hergestellt worden war.
Miteinander wurden die gemeinschaftlichen Verbindungen gefeiert, wie Rabbiner Shaul Nekrich es humorvoll am Beispiel der anstehenden „Weihnukka“-Saison ausdrückte, weil in 2024 Chanukka und Weihnachten auf dieselben Kalendertage fallen – vielleicht kein Zufall in einem Jahr, wo auch auf anderen Ebenen viel gemeinsam erreicht und das Leid nach der Katastrophe des 7.10.2023 zusammen erträglicher wurde.
Dekan Michael Glöckner blickte an dem Abend auf die gemeinsamen Errungenschaften zurück: „Mit dem Wächterdienst haben wir etwas Kostbares, wo wirkliches Miteinander und Lernen voneinander erlebt werden kann – in Gesprächen und durch engagiertes Einstehen für das Anliegen, etwas gegen Antisemitismus zu erreichen.“

Wächterdienst setzt mit Spende und Aufruf ein Zeichen für das Sara Nussbaum Zentrum

Beim Danke-Fest wurde über die Entscheidung abgestimmt, die verbleibende Summe von 8.000 Euro aus den Preisgeldern an das Sara Nussbaum Zentrum für jüdisches Leben zu spenden.
„Die Bildungs- und Begegnungsangebote, die das Sara Nussbaum Zentrum durchführt, sind von zentraler Bedeutung für Antisemitismus-Prävention und Aufklärung in Nordhessen, denen der Wächterdienst mehr Aufmerksamkeit verleihen möchte. Eine Summe von 8.000 Euro stellt für eine Bildungseinrichtung zwar keine Planungssicherheit dar und hat somit eher den symbolischen Wert von Solidarität“, erläutert Katrin Juschka, die Freiwilligenmanagerin der Evangelischen Kirche. „Seit 14 Monaten stand der Wächterdienst ohne Unterbrechung jeden Freitag vor der Synagoge und hat engagiert die Verbundenheit mit der Jüdischen Gemeinde ausgedrückt. Nun freuen wir uns, mit dem Geld die andere wichtige jüdische Einrichtung in unserer Region zu unterstützen und unseren Beitrag zu leisten, dass die Kultur- und Bildungsangebote finanziell abgesichert werden. Mit dieser Geste möchte der Wächterdienst einen Anfang machen und noch mehr Organisationen, Firmen etc. in der Region anregen, ebenfalls für dieses Anliegen zu spenden und ein Zeichen zu setzen“, ruft sie auf.

Wichtiges Signal in herausfordernden Zeiten für Bildungsarbeit gegen Antisemitismus

Elena Padva, Leiterin des Sara Nussbaum Zentrums Kassel, bedankt sich: „Wir freuen uns sehr über diese Wertschätzung, die uns entgegengebracht wird und die uns in unseren Sorgen um die Zukunft erleichtert. Das Sara Nussbaum Zentrum muss sich oft um befristete Projektmittel oder Spenden bemühen, um kostendeckend arbeiten zu können. In angespannten Zeiten wie diesen, wo sogar Mittelkürzungen angekündigt wurden, obwohl Antisemitismus schlimmer geworden ist, kostet es uns viel Zeit und Nerven, die wir lieber in Bildungsangebote und innovative Veranstaltungsformate investieren würden. Das Sara Nussbaum Zentrum wurde aus der bürgerlichen Initiative der Familie Katz heraus entwickelt. Daher ist die Spende vom Wächterdienst ein starkes solidarisches Zeichen, dass unsere Einrichtung von der Zivilgesellschaft mitgetragen wird und dass somit auch jüdisches Leben hier einen festen Platz hat.“

(13.12.204)